4
Apr
2008

Des Wettergotts Wochenendsprophezeiung

Rückblick:
Nach einigen sehr frühlingshaft-milden Tagen ist es ja wieder recht kalt geworden, auch wenn inzwischen die Tage länger als die Nächte geworden sind und damit unsere Strahlungsbilanz positiv ausfällt. Das heißt, dass inzwischen die Sonne mehr Wärme zu uns einstrahlt als die Erde nachts abstrahlt, so dass es bodennah wieder etwas wärmer werden kann.
Zu Anfang April gehören auch Kaltluftvorstöße, weil nun die Meere nach dem strahlungsarmen Winter ausgekühlt sind, und so die Kaltluft zu uns vordringen kann. Das beschert uns das legendäre Aprilwetter, wenn „Höhenkaltluft“ in der Höhe noch kalt ist, aber bodennah schon erwärmt wurde. Dann steigt die Luft von unten auf und von der Höhe kommt als Ausgleich Kaltluft herunter. Das Ergebnis sind Schauer und kurze Gewitter, die teils Regen, teils Graupel oder Schnee bringen.

aktuell:
...liegt Mitteleuropa in einer solchen nördlichen Anströmung hinter einem Tief über Norwegen. Dabei bildet sich im weiteren Verlauf über der Nordsee und den britischen Inseln ein Tiefkomplex aus, der in den Folgetagen weiterhin kalte arktische Luft zu uns führt. Erwähnenswert ist dabei, dass die Kaltluft gegen die Alpen strömt, dort liegen bleibt und für anhaltende Niederschläge sorgt, oberhalb etwa 700 m als Schnee. Wieder einmal zeigt sich, dass nicht der Dezember oder Januar den Schnee bringen, sondern dass auch die Frühlingsmonate diesbezüglich nicht zu unterschätzen sind, besonders wenn es in der eingeströmten kalten und trockenen Luftmasse nachts bei abklingen der Konvektion zu aufklaren und damit zu ausstrahlungsbedingeter Glätte kommt.

heute:
bleibt es bedeckt, aber größtenteils trocken, von einzelnen Tropfen abgesehen. Es wird bis 8 Grad warm.

Samstag:
kommt es im Einfluss der o.e. höhenkalten Luft immer wieder zu Schauern, die teils als Graupel fallen. Mit max. 7 Grad deutlich kühler.

Sonntag:
wird es mit 2 Grad richtig kalt und es gibt einige Schnee-, Regen oder Graupelschauer, die örtlich ergiebig ausfallen können.

Montag:
bleibt es bei Temperaturen um den Gefrierpunkt sehr frisch, dieser Eindruck wird durch einige Schnee-, Regen oder Graupelschauer unterstützt.

Trend:
Es bleibt wechselhaft und kühl, das Aprilwetter setzt sich jahreszeitgemäß fort. Erst zum Ende der nächsten Woche sind wärmere Temperaturen in Sicht.

Der Duft der Magdalenen - Proust revisited

Man kann auch mit pflanzlichen Fett dick werden. Getreu diesem Motto hatte ich den gestrigen Tag der Suche nach typisch spanischem Gebäck gewidmet - und bin auch (p)fündig geworden.
Eine Angewohnheit von mir, die meiner Zugehörigkeit zu den Pfadfindern geschuldet zu sein scheint (und somit per se keine schlechte sein darf), ist, dass ich mich gerne aus meiner Intuition heraus in fremden Orten orientiere - und so manch weiteren Weg gehe, als zunächst angedacht. Das gibt dem Begriff des Müßigganges eine neue Facette.
Was mich allerdings wieder auf den eigentlichen Gedanken bringt: Befindet man sich in einer neuen Stadt, so ist der beste Zugang zum Detail - also quasi der induktive Zugang - der über das Zu-Fuß-Gehen. Der nächst bessere über das er-Fahrrad-fahren. Das also meine Mission für den gestrigen Tag. Am Placa Catalunya gibt es einen von vielen Info-Points, an denen man sich über die Stadt schlau machen kann. Hier also wollte ich in Erfahrung bringen, wo ich am besten ein Fahrrad mieten kann. Gleich nach der Sendung machte ich mich per pedes zu diesem Ziel auf. Wohnen tue ich in der Nähe der Station St. Martí. Mit der Bahn vom Placa Catalunya aus ca. 20 Minuten. Also sollte ich in umgekehrter Richtung in ca. 1,5 Stunden wieder dort sein.
Dann war da aber noch meine andere Aufgabe, die Recherche fürs Radio. Außerdem bin ich leicht abzulenken. Also machte ich einen leichten Schlenker Richtung La Sagrada Familia und letztlich einen zeitlich weiten Bogen um die Placa Catalunya. Lieber machte ich demnach Bekanntschaft mit einem typisch spanischen Phänomen, mit dem ich persönlich sehr schnell darcord (oder so ähnlich) gegangen bin: Siesta - welch schöne Idee verbirgt sich hinter diesem schlichten Klang! Im Parc de la Ciutadella folgte ich dem Herdenruf und ermattete schnell unter den Strahlen einer barmherzigen Sonne. Ich dankte es ihr mit diesem kleinen Poem:

"Also jetzt mal ehrlich:
Müßiggang ist nicht beschwerlich.
Zumindest kenn' ich keinen einen,
der Schmerzen hätt' in seinen Beinen
ob dieser Fortbewegung.

Denn wer hat schon was gegen's Genießen,
das Beobachten des Frühlings Sprießen
oder auch gegen's Laben
an in der Sonne erstrahlend Farben?
Keiner ist gegen diese Form der Erregung."

Und da war doch noch was: Ah, neue Kulinaritäten!
Also fange ich bei den Magdalenen an, deren Geruch mich nicht direkt an Proust erinnern, zumal ich seine Suche nach der verlorenen Zeit noch nicht gelesen.
Aber schmecken tun sie. Geh, bäck, zu mir!
Nahe der Sagrada Familia, einem imposanten Bekenntnis zu Jesus und postgotischem Pomp,
gibt es eine kleine Bäckerei, die zum Probieren einlädt. Leider habe ich das falsche aus der großen Auswahl genommen. Denn die Montserratina d'Anis, die es in der Forn de Pa Montserrat gibt, konsumiert man am besten mit Tee oder Kaffee, deren beider ich nicht zu dieser Zeit habhaft war. Erinnert sachte an den deutschen Weck. Nur hat der kein sanftes Anis-Aroma. 1,70€ sind auch nicht zuviel verlangt. Für den deftigen Kontrast wählte ich eine Art größeres Pizzabrötchen mit würzigem Speck durchwirkt. Preis für dieses Hefebackwerk: knappe 80 Cent. Kann man nichts gegen sagen. Dafür gibt es auch die komplette Adresse: Forn de Pa Montserrat Especialitats Artesanes. Pa de Pagès, Integral; Anglès C/. Marian, 226; 08013 Barcelona.
Und dann war da noch die Canyas de Crema - ein Name mit Programm: Sie offenbart sich als eine Blätterteigrolle, die gefüllt ist mit Buttercreme - Kalorie, ick hör dir trapsen! Preis um die 1,40€ - ich gebe hier zumeist nur Ungefähr-Preise an, wenn ich kein Preisschild gesehen habe und nur mit einem Schein bezahlt habe. Sorry für diese Ungenauigkeit! Die Adresse hierfür herauszugeben ist es wert: La Granja-Cremerie, Ronda Sant Pere, 28-30.
Letzte Station war eine Baguetterie: Ich dachte, ich leiste mir einen faux-pas, wenn ich mir ein mit Chorizo belegtes Baguette genehmige, bis ich eben im Wikipedia lesen konnte, dass Chorizo nicht ausschließlich aus Portugal stammen, sondern dass diese mit Paprika gewürzte Salami auch in Spanien beheimatet ist. Der Verkäufer sah mir wohl meinen extranationalen Status an, was wohl mehr an meinem verwirrten Gesichtsausdruck lag als an meiner knall-gelben Schwedenjacke. Jedenfalls nahm er mir meine Entscheidungslosigkeit ab, indem er mir auf englisch die verschiedenen Baguette-Belegungen anpries. Nun war das Chorizo-Baguette nicht unlecker, doch beherrschte Geschäftigkeit den Laden und den Preis von 4,50€, so dass mir der Charme-Faktor abging und ich nicht gewillt war, diese Adresse weiterzugeben. Denn solche Läden gibt es hier zuhauf.
Und ich habe mir auf die Fahne geschrieben, dass der MensaMan Mertens Kulinaritäten auftut, wo kein anderer Konsument dran denken tät (und wollt).

In diesem Sinne

!buen provecho!

3
Apr
2008

MensaHombreMertens live aus Barcelona

Bei einer Tasse Hornymans té classic lässt es sich doch besser schreiben.
Nachdem ich mir das Fett des Qualitäts-Schinkens vom Mund gewischt habe, um die Tatstatur besser mit mehrfach gesättigten Fettsäuren (selbst wenn sie ungesättigt sein sollten, ich bin es nicht) per deutschem Wurstfinger (1 bis 1,5-Fingersystem) zu beträufeln, kann ich meiner Erfahrung mit digestivem Journalismus besser Ausdruck verleihen. Schinken sollte es also sein. Keine schlechte Wahl für den ersten Bericht von meinem kulinarischen Auslandseinsatz. Aber nicht irgendein Schinken; nein, Jámon Ibérico de cebo soll es sein. Den habe ich nämlich im Vorratsschrank meiner Gastgeber gefunden: Murat, dem germanischsten Osmanen, den ich je in Spanien aufsuchen durfte, und Angels - ihr Name ist schon ein Gedicht. *schlürf*... Nun, eigentlich finde ich im Netz keinen Schinken dieses Namens, sondern nur "... re-cebo", was so viel heißen soll wie: Endmast. Im Kontext bedeutet das, dass die Iberischen Schweine, die über schwarze Klauen verfügen (deswegen heißt iberischer Schinken auch: Jámon de pata negra, also schwarzpfötiger Schinken, was allerdings noch lange nicht so lecker klingt wie die spanische Entsprechung) am Ende ihres Daseins noch einmal kräftig in die Eicheln hauen können. Nur diejenigen Schweine, die für den noch berühmteren Bellota-Schinken D.O. (Dehesa de Extremadura) - Kostenfaktor: ca. 70 €/kg, herhalten dürfen, spachteln frisch von der Zitze weg Eicheln. Ich in meiner Funktion als MensaManMertens fühle mich verpflichtet, den Esssachen auf den/m (kaum einen Tag außerhalb der deutschen Sprache und schon Unsicherheiten im Gebrauch alltäglicher Ausdrücke respektive der rechten Flexion) Grund zu gehen, und habe ebenfalls eine Nussfrucht der Eiche probiert, mit dem Effekt, dass es mir suspekt erscheint, dass etwas, was so eklig schmeckt, zu etwas gedeihen kann, was so schmackhaft ist (sprich: Eichel --> Schinken). Nun, augenscheinliche Irrtümer haben immer schon in der menschlichen Geschichte zu den erstaunlichsten Entdeckungen geführt. Mit diesem Appell zum Staunen verweise ich auf http://de.wikipedia.org/wiki/Jam%C3%B3n_Ib%C3%A9rico und gehab mich gütlich an den Wundern der spanischen Küche.
Tot ziens!
Euer Mhm

PS (Packungs-HinweiS): Abrir 10 minutos antes de SU consumo. Klingt jenseits jeder wahren Information nicht wirklich gut für dich, Sebastian;)...

28
Mrz
2008

Die Film-Vorstellung für die Woche davor

Was gab's bei der Sneak vom 26.03.2008? Wir dürfen es verraten: Untraceable (offizieller Starttermin 03.04.2008)

Aus der Not eine Tugend zu machen, ist vergleichbar mit der befreit aufgespielten Kür nach der verpatzten Pflicht – oder auch nicht. Oder sagen wir: nach dem verpassten Pflichttermin. So konnte ich gestern nicht ins Kino gehen, um meinen neuen Film der Woche vorzustellen, da ich einen anderen Termin hatte, der nicht ohne war: die Vollversammlung des Hochschulradios, wo die Vergangenheit kritisch gebeugt und die Zukunft gemacht wird.
Langer Vorrede kurzer Sinn: Ich nutzte die Chance, mich einem alten Trauma zu stellen, in der Hoffnung, mein Trauma mit einer weiteren schlechten Erfahrung zu vertiefen. Sprich: Ich besuchte am Mittwoch nach gefühlten acht Jahren zum ersten Mal wieder eine Sneak-Preview, also eine Art einseitiges Blind date zwischen Zuschauer und Leinwand, zumindest aber ein Treffen, von dem nur die Leinwand profitiert im schlechtesten Fall. Mein letztes Sneak-Erlebnis, das mich so massiv geprägt hatte, lautete nicht – oh, schlechtes Wortspiel, hier du kommst: Sneakers – die Lautlosen, sondern Highlander: Endgame – eine Offenbarung uninspirierten Drehs.
Nun, wir wollen nicht über die Qualitäten eines Adrain Paul sprechen, sondern der Institution Sneak-Preview eine weitere Visitation zukommen lassen und uns diesem ganz eigenen cineastischen Phänomen, diesem kommerziellen Testlauf, sachte und überlegt annähern.
Hier meine Datenerhebung:
10,1 steht auf meinem Billet; mehr als ein Platz am Rande des Innenraums ist nicht übriggeblieben, die Resonanz scheint groß. Ich bevorzuge in der Regel Mitte, Mitte. Aber das Schicksal meint es gut mit dem Möchtegern-Rezensenten: Zwar sitze ich am Rand, aber dafür direkt am Eingang zur Loge, was vor allem absolute Beinfreiheit bedeutet. Selig in den Beinen folgt der Kopf mit leichter Schiefstellung. Die bereits angesprochene Resonanz ruft ein erstes innerliches Raunen hervor: die Sneak erfreut sich erstaunenswerten Zuspruchs!
Und das dafür, dass man das sprichwörtliche feline Individuum im jutenen gewebten Behältnis erwirbt...
Und so erfahren erste Gedankenteppichfransen ihre Aufwirbelung in Form der Erwägung des psychologischen Moments: Ist es allein die Spannung, der Nervenkitzel vor dem cineastischen Gau, was in die Kinosessel ruft? Das Risiko einer pekuniären Fehlinvestition allein ist mit 4,40€ auf allen Plätzen überschaubar.
Und lassen sich vielleicht Aussagen über die intellektuelle Beschlagenheit des Klientels machen? Gibt es so etwas wie den „typischen“ Sneak-Besucher? Denn ich für meinen Teil suche mir lieber den Film gezielt aus. Auch wenn ich mich dann im Vorfeld noch nicht en detail mit dem Inhalt des Filmes auseinandergesetzt habe, so baue ich doch eine gewisse Erwartungshaltung auf. Werde ich doch enttäuscht, bin ich es also selber schuld. Bei Filmen gebe ich das Schicksal demnach nicht gerne aus der Hand. Deswegen ärgert es mich dann ungemein, wenn mein Wunschfilm weswegen auch immer nicht läuft... – Das ist wie in der Kantine, wenn das Menü, welches meine Achtung gefunden hat zum Verzehr schon ausverkauft ist.
Weitere Frage, die aufstößt: Sind Sneak-Besucher die Zuschauer mit größerem Hunger auf Eis? Die hohe Frequentierung des marktschreierisch zur Tat schreitenden Verkäufers legt diese Vermutung nahe, lässt sie mitnichten nicht unbestätigt verwaisen.
Dann endlich der Film – der Vorhang öffnet sich, der Puls rastet ein, aber nicht zwangsläufig aus. Denn nur zu häufig folgt die Ernüchterung dem ersten Kick und die Refraktär-Zeit setzt ein nach dem Adreanlin-Peak, was eine Relaxation der facialen Muskulatur zur Folge hat; auch bekannt unter der Wendung: das lange Gesicht.
Wie wird sich also mein Gesicht unter dem Einfluss des Dargebotenen verändern? Auf der Leinwand erscheint das Logo von Universal Pictures. Ahaa! Dann folgt der nächste Produzent: lake-whatever. Ahaaa? Keine Ahnung. Düsterer Score. Dann: A film by Gregory Hoblit. Hoblit, Hobbit, da klingelt doch etwas. Da raunt es aus mir heraus: Ja, aber das ist doch der Regisseur von... Weiter komme ich nicht, denn da durchschneidet ein rüdes Schttt! Sneak! den Raum, und ich muss es mir geltend sehen.
So schweige ich und sehe den Titel: Untraceable. Ich bin im Bilde. Der neue Film von Gregory Hoblit, dem Regisseur solch raffinierter Thriler wie Fracture (Das perfekte Verbrechen) mit Anthony Hopkins und Ryan Gosling oder Primal Fear (Zwielicht) mit Richard Gere und einem erschreckend guten Edward Norton. Dankenswerterweise ist dieser Film hier nicht übersetzt – es hätte wahrscheinlich nur irritiert.

Die Story ist schnell erzählt: Diane Lane (bekannt aus Unfaithfull aus dem Jahre 2002 an der Seite von Richard Gere, oder auch Knight Moves [1992] mit Highlander Christopher Lambert [oh weh, mein Trauma!]) spielt die FBI-Agentin Jennifer Marsh, die im sogenannten Cypber-Crime-Programm Jagd auf Verbrecher macht, die im Internet ihr Unwesen treiben. Eingeführt wird sie als findige Ermittlerin, die selbstredend sofort einen Fall von Internet-Piraterie lösen kann. Weiterhin wird soviel von ihrem Privatleben preisgegeben, dass man erfährt, dass sie allein erziehend ist, eine 8-jährige Tochter hat und mit ihrer Mutter unter einem Dach wohnt. Es wird lediglich angedeutet, dass der Vater ihrer Tochter ebenfalls Polizist war und bei einem Einsatz ums Leben kam.
Nach erfolgreichem Start in den Plot kommt der Gegner der Heldin ins Spiel. Hinter der schlichten Webadresse www.killwithme.com verbirgt sich ein Psychopath, der zu einem interaktiven Killer-Spiel einlädt. Das Prinzip ist dabei ganz einfach: Die Anzahl der Besuche seiner Homepage bestimmt die Geschwindigkeit, mit der die Opfer hingerichtet werden. Als Teaser fungiert eine kleine Katze, die durch eine extreme Form des Fliegenfängers zur Unbeweglichkeit verdammteinen qualvollen Hungertod stirbt – und man ist virtuell live dabei.
Doch schon das nächste Opfer ist ein Mensch: Man sieht einen Mann, der mit nacktem Opberkörper an einem aufgerichteten Lattenrost gefesselt ist. Auf seiner Brust ist der Name der Homepage eingeritzt. Per Mausclick können die User den Zufluss eines Blut verdünnenden Mittels steuern; der Mann wird zum künstlichen Bluter. Die Resonanz ist groß – binnen weniger Stunden stirbt das scheinbar unschuldige Opfer, ein Vietnam-Veteran und Pilot. Besonders pervers: Die Besucher bloggen ihre kranke Meinung parallel zum Todeskampf.
Kurze Zeit später schlägt der Täter erneut zu. Diesmal trifft es einen Fernsehreporter. Die Todesart: Wärmelampen. Während das erste Opfer also verblutete, wird dieser Mensch durch click-gesteuerte Zuschaltung von Lampe um Lampe sukzessive verbrannt. Die Kamera hält schonungslos drauf, wenn der Mensch durch die rege Anteilnahme schneller als das erste Opfer noch verstirbt.
Während die Beamten fieberhaft an der Verfolgung des Psychopathen arbeiten, gerät Agent Marsh immer mehr in den Fokus der perfiden Machenschaften. Schließlich muss auch ihr junger Kollege dran glauben - dramaturgisch geschickt kurz bevor er ihr seine Hinweise auf die Identität des Killers mit Abstrichen mitteilen möchte. Diesmal nutzt dieser die chemische Reaktionsfreudigkeit von Schwefel in Wasser – der Kollege wird in Säure aufgelöst. Bevor er stirbt, ist er allerdings in der Lage, per Morseblinzeln den entscheidenden Hinweis zu geben (vorher hatte er sich noch darüber lustig gemacht, dass es für die Ermittler hilfreich gewesen wäre, wenn das erste Opfer in den Pfadfindern gewesen wäre).
Sein Opfer war also nicht umsonst, die Falle könnte zuschnappen. Natürlich ist der Psychopath nicht mehr unter der so gefundenen Adresse zu finden. Stattdessen kidnappt er Agent Marsh, um seinen Plan zu vollenden: Er will Rache nehmen an der Sensationslust der Menschen, die sich am Schicksal seines Vaters ergötzt haben, der sich vor laufender Kamera das Gehirn rausgeblasen hat. Alle Opfer des gerade mal 20-jährigen Sohns haben sich mittels des Unglücks profiliert: der Katzenbesitzer hatte die Brille des Vaters versteigert, der Pilot lieferte die Bilder während eines Verkehrsstaus, der reporter interviewte Zeugen und weidete das Thema aus, und die Polizei ließ den via Internet unterstützten Voyeurismus in seinen Augen untätig gewähren.
So soll Agent Marsh schließlich in ihrem Gartenpflug gehäckselt werden – unter den Augen der gewaltlüsternen aktiven Zuschauer. Doch sie kann sich befreien und besiegt in einem finalen Kampf den jungen Mann, der selbst nur Opfer seiner traumatisierenden Umstände wurde. In einem letzten Bild reckt Agent Marsh ihre Marke in die zu Boden gefallene Kamera. Das Zeichen ist eindeutig: Crime doesn't pay. Aber was schert das schon die Blogger, die mit zynischen Kommentaren ihren Schlusstrich posten?

Die Meinung des Regisseurs sollte eindeutig sein: Mit Bildern aus Vogelperspektive bis hin zur totalen Aufsicht auf die Stadt, die nicht umsonst an Bilder aus Google Earth erinnern, suggeriert Gregory Hoblit den Verlust der Intimsphäre. Diese Anklage wäre natürlich zu kurz gegriffen. Vielmehr soll es eine offene Kritik am Konsumverhalten, an der Schaulust und am Missbrauch der multimedialen Möglichkeiten sein. Ich sage mit bedacht: „soll“.
Denn macht sich der Regisseur nicht auch des Voyeurismus schuldig, indem er gerade die Mittel für den Effekt einsetzt , die er im Leben abseits der Leinwand anprangert. Interessant ist natürlich die Betrachtung der unterschiedlichen Ebenen, wenn die filmische und die meta-filmische Ebene in Deckung gebracht werden und Täter und Regisseur eins werden.
Denkwürdig allemal und programmatisch ist folgendes (sinngemäßes) Statement des Täters: „Faszinierend, wie viele dich töten wollen, obwohl sie dich gar nicht kennen.“

Wer will Mittäter werden? Teste dich auf www.killwithme.com !

Cineman

26
Mrz
2008

Gewinnt Karten für "Luke"

In der Reihe Kultrock spielt heute abend die Band "Luke" und ihr habt die Chance 2 mal 2 Karten zu gewinnen. Normal kosten die nämlich 5 Euro, also nichts wie los ans Telefon oder schreibt uns auf unsere Homepage www.hochschulradio-aachen.de und beantwortet uns die Frage wieviele Jungs eigentlich in der Band "Luke" spielen? Präsentiert wird das Ganze von AStA der RWTH. Um 21 geht das Konzert im Malteserkeller los und ab 20:30 Uhr ist Einlass. Viel Glück!

21
Mrz
2008

Die Filmbesprechungen für den Morgen danach

Horton hears a Who!

Worum es geht.
Zunächst einige technische Daten:
Dies ist das Regie-Debüt des vormaligen Animators (u.a. Finding Nemo) James „Jimmy“ Hayward und des Art Directors (Robots) Steve Martino. Anhand dieses Filmes zeigt sich wieder einmal die Findigkeit der deutschen Verleiher in der Übersetzung des Filmtitels. So wird also aus „Horton hears a Who!“ “Horton hört ein Hu”. Sehr kreativ, wie man sieht. Immerhin haben wir nun eine astreine Alliteration. Im Original wird Horton von Jim Carrey gesprochen, der Bürgermeister von Who-/Huville von David Carrell, bekannt aus der „40-jährigen Jungfrau“. Vielleicht liegt es an der nachnamentlichen Ähnlichkeit, dass ich ausgehend von den deutschen Synchronstimmen nicht klar bestimmen konnte, wer von den beiden wen spricht. Denn beide Charaktere chargieren wild durch ihre jeweilige Welt. Tatsächlich spricht Carrey Horton, und verbirgt sich Carrell hinter dem Bürgermeister von Whoville. Carrey allerdings hat einen leichten Vorteil vor Carrell, da er bereits einer anderen Figur des Kinderbuchautoren Dr. Seuss Leben einhauchte, nämlich dem „Grinch“ in der Real-Verfilmung des Klassikers „How the Grinch stole Christmas“. Nun also spielt er wieder mit, wenn auch nur als Stimme hinter der Animation.
Kommen wir nun aber zur eigentlichen Story:
Horton ist ein lebenslustiger Elefant, der - mit einer großartigen Vorstellungskraft gesegnet – ein vergnügliches Leben im Wald von Nümpel führt. Seinen jungen Freunden ist er ein phantastischer Lehrer, der allzu gestrengen Känguru-Dame allerdings ist er mit seiner Phantasie ein Dorn im Auge. Die Situation eskaliert, als Horton eines Tages – aus dem Off wunderbar in Reimen kommentiert – den Hilferuf eines Staubkorns vernimmt. Genaugenommen ist es nicht das Staubkorn selbst, das den Hilferuf ausstößt, sondern ein Hu, ein Bewohner Hu-Heims, welches auf dieser winzigkleinen Welt errichtet ist. Keiner vermag den jeweils anderen zu sehen, die Dimensionsunterschiede sind einfach zu gewaltig. Aber akustisch kann Horton mit dem Bürgermeisters von Hu-Heim Kontakt aufnehmen, der zunächst einmal überzeugt werden möchte, dass er so winzig ist, wie ihm von außerhalb nahe gelegt wird. Tatsächlich muss er aber bald merken, dass seine Welt sich in großer Gefahr der Auslöschung befindet, nachdem sie durch einen wunderbar animierten Regentropfen, der eine Kaskade von Reaktionen domino-artig ausgelöst hat, aus dem Gleichgewicht gebracht worden ist. Für Horton ist es eine Frage der Ehre und selbstverständlich, dem Bürgermeister und den Bewohnern Huheims zu helfen. Doch beide haben mit dem Problem der Glaubwürdigkeit zu kämpfen. Horton wird der Aufwiegelung zur Phantasterei und letztlich der Anarchie bezichtigt, der Bürgermeister für verrückt erklärt und der Lächerlichkeit preisgegeben.
Beide lassen sich aber nicht auf ihrem Weg beirren. Horton scheut kein Risiko – zum Beispiel einer sich buchstäblich unter, hinter und vor ihm auflösenden Hängebrücke – und trotzt selbst den Angriffen eines vom Känguru auf ihn angesetzten Geiers, der das Staubkorn vernichten soll.
Am Ende wird das belebte Staubkorn bzw. die kleine Welt nicht einem brodelnden Kochtopf übergeben, sondern die Hus können sich dennoch Gehör verschaffen, indem sie alle zusammen musizieren und lärmen, dass es eine Freude ist. Den akustische Tropfen, der Fass zum Platzen bringt, steuert übrigens der einzige Sohn (neben 96 Schwestern) des Bürgermeisters bei, womit die Kommunikationsprobleme der beiden auch bereinigt sind.
Und am Ende wird das reaktionäre Känguru, das eines besseren belehrt wurde und sich somit ausgeschlossen fühlte, in den Kreis aller Bewohner des Nümpel-Waldes und der neugewonnenen Freunde aus Hu-Heim integriert. Denn ein Mensch ist ein Mensch, wie starrsinnig er auch sei – in Abwandlung der ‚message’ dieser Geschichte.


Und der Subtext?
"A person's a person no matter how small" - „Ein Mensch ist ein Mensch, wie klein er auch sei“: Dies ist also die eigentliche Moral dieses sympathischen neuen Wunderwerks an Animationstechnik aus dem Hause 20th Century Fox.
Und eine beseelte Parabel um den Wert der Imaginationskraft ist es ebenfalls geworden. Und das ganz ohne Holzhammerdidaktik. Horton – so der Vorwurf – rege meinen vermeintlichen erdichteten Geschichten die Kinder zum Nachdenken an und dies führe unweigerlich zum Verlust der Ordnung in der Welt (der Erwachsenen) und somit zur Anarchie.
Dabei gehört Horton ein Hoch auf die Kraft der Imagination. Nur weil man etwas nicht hören, nicht sehen oder nicht fühlen kann, heißt das noch lange nicht, dass etwas deswegen nicht trotzdem existieren kann. Und Horton ist eben dieser Mittler, weil er noch genau hinhören kann (mit freundlicher Unterstützung seiner großen Ohren). Und weil er das Fremde als etwas Positives und Erkundenswertes zulässt. Dabei hilft ihm nicht zuletzt sein kindliches Gemüt, welches zum Staunen einlädt. Manchmal darf dann die Phantasie auch mit einem durchgehen, wenn man sich plötzlich als Manga-Helden sieht. Aber weh tut man damit einem noch lange nicht.
So achte man auf die kleinen Dinge in der Welt, dass sie mehr hergeben, als man zunächst denken mag. Und sei es nur ein Staubkorn. Denn wer weiß schon, ob nicht auch wir auf einem solchen Staubkorn in einer größer dimensionierten Welt leben oder nur eine Murmel, wie es in MIB suggeriert wurde...

Das Fazit

Von Horton Wissen erlangen oder der Unbekümmertheit der Hus an ihren Hort der Glückseligen Inseln folgen – hier wird dazu eingeladen.
Dieser Film voller farbenfroher Charaktere weckt die Lebenslust auf mehr. Er zeichnet sich durch Liebe zum Detail und handwerkliche Perfektion aus. In diesem Film lebt der Geist des Dr. Seuss nicht nur anhand des gereimten Rahmenkommentars auf.
Damit verdient er vier von fünf Hus – für meinen Geschmack ein wenig zuviel Slapstick, aber entweder ist das dem amerikanischen Humor geschuldet oder ich sollte einfach das Kind in mir mal wieder frei umher tollen lassen...


Filmvorstellung - „Juno“

Worum geht es?

Nach Aussage des Regisseurs Jason Reitman (Sohn des in manchen Kreisen als legendär bezeichneten Regisseurs Ivan Reitman [Meatballs, Ghostbusters]) handelt es sich bei diesem kleinen, feinen Film zugleich auch um seinen besten. Da sein filmisches oevre noch nicht so viele Werke umfasst, ist die Bemerkung einerseits ein wenig voreilig zu nennen – andererseits hat er recht. In der Tat ist ihm ein kleines Meisterwerk, ein Film des Understatements gelungen.
Juno, die Filmnamen gebende Protagonistin (gespielt von Ellen Page, bekannt aus "Hard Candy"), steht im Mittelpunkt der Handlung. Die Handlung – so schnell sie auch erzählt scheint – ist motiviert durch, wie man so schön sagt, einen Unfall, der nicht so ohne weiteres zu leugnen ist, da die Zeichen sich in der Zeit zügig verdeutlichen: Juno MacGuff ist gerade 16, als sie erfährt, dass sie schwanger ist; ein verfehlter Schuss ihres Freundes Paulie „Bleek“ Bleeker ist direkt beim ersten Mal ihrer sogenannten sexuellen Aktivität ein Volltreffer.
Zunächst will Juno das Kind abtreiben. Aber als sie erfährt, dass auch Föten über Fingernägel verfügen und sie die anderen ungewollt Schwangeren im Wartezimmer der Abtreibungspraxis sieht, entscheidet sie sich dafür, dass Kind auszutragen und zur Adoption freizugeben.
Schnell findet sie auch ein geeignetes Adoptivelternpaar.
Wir begleiten Juno auf ihrer Reise durch drei Jahreszeiten und ihre Erfahrungen, die sie auf dem Weg bis zur Niederkunft machen muss.

Und worum geht es wirklich?

Der Vater von Juno wusste wohl, warum er seine Tochter nach der mythologischen Göttergattin des Jupiter benannt hat. Denn auch die Göttin musste einiges einstecken, was sie aber nur umso stärker und würdevoller werden ließ.
Anders als in Stephen Frears Film „The Snapper“, in dem sich die ungewollt schwangere Tochter erst die Akzeptanz ihres Vaters hart erarbeiten musste, erfährt Juno von Beginn an volle Unterstützung von Vater und Stiefmutter.
Somit konzentriert man sich voll auf die innere und äußere Entwicklung Junos. Juno ist burschikos und äußerst feminin zugleich. Sie besticht durch ihre pragmatisch-sympathische Herangehensweise an die Umstände, in denen sie sich befindet. Vor allem aber sagt sie, was sie denkt, und nimmt gerade durch ihre kesse Lippe den Zuschauer noch mehr für sie ein.
In ihrer Art des Umgang mit der Schwangerschaft zeigt sie, dass sie erwachsener agiert als manch anderer Erwachsener. Und doch bleibt sie auch Kind. Denn ihr Leben darf nach der erfolgreichen Entbindung weitergehen, da sie eine perfekte Mutter in Vanessa, der Adoptivmutter gefunden hat.
Das freut uns.


Fazit

„Juno“ ist ein sehr realistischer Film, der die Schwangerschaft in keiner Weise beschönigt und dennoch locker damit umzugehen weiß, weil er eben kein Blatt vor den Mund nehmen will.
Ein Feel-Good-Movie der besonderen Güte, was sich nicht umsonst in dem Oscar für das beste Original-Drehbuch niederschlägt. Und Ellen Page als Juno ist einfach nur bezaubernd.
Manche Filme laden dazu ein, sich in sie kontemplativ zu versenken. In andere wiederum möchte man sich selbst einladen, da man sich dort wohl fühlt und an dem Leben der Charaktere teilhaben möchte. Dies ist so ein Film.
Also nicht nur ein Nachhilfeunterricht in Sachen Schwangerenpsychologie...


Cineman Mertens

14
Mrz
2008

Buchvorstellung

"Vormittag eines Rock'n Roll-Beraters" von Dietmar Sous

Untertitel: Empfehlungen für das Aufnehmen von Kassettenbändern für Verliebte

Dietmar Sous' Buch „Vormittag eines Rock'n Roll Beraters“ besteht aus neun kürzeren Geschichten, die von musikalischen Hitlisten und Tipps unterbrochen werden.
Trotz der thematischen Vielfalt, die in den verschiedenen Geschichten geboten wird, ist eine gewisse Ähnlichkeit der Protagonisten zu erkennen: Bei den Ich-Erzählern der einzelnen Geschichten handelt es sich immer um auf die eine oder andere Weise „gescheiterte“ oder zumindest nicht so erfolgreiche Musikfreaks, die auf ziemlich viel Unverständnis bei der Außenwelt stoßen.

In der Titelgeschichte zum Beispiel erklärt der Rock'n Roll Berater, wie man das perfekte Mixtape für eine Frau erstellt. Danach berichtet er jedoch auch von seinen persönlichen Misserfolgen: Zum Beispiel hat ihn mal eine hübsche Frau auf einer Party, wo er als DJ gearbeitet hatte, nach einem Song gefragt, den er gespielt hatte. Da hat er ihr natürlich gleich in mühevoller Arbeit ein Tape gemacht, nur um später festzustellen, dass sie es nicht zu würdigen wusste: „Weißt Du, ich bin einfach keine große Musikhörerin. Ich hab die Kassette meinem Freund Oliver gegeben und der findet sie spitze!“
In einer weiteren Geschichte berichtet der Autor von einem Mann, der in der Garage seiner verunglückten Eltern 10 000 Mark findet und diese in ein Konzert der Popband Shocking Blue investiert, weil er so auf die Sängerin steht. Er versucht, alle 428 Karten für das Konzert zu kaufen und das gelingt ihm auch. Am große Abend aber ist die Sängerin dick geworden, verpasst lustlos den Einsatz, es gibt keinen Nebel und keine bunte Beleuchtung und nach einem Lied hat die Band keinen Bock mehr. Irgendwann brechen dann die Leute, die keine Eintrittskarten bekommen hatten, die Tür zum Konzertsaal auf und kurze Zeit später schmeißt sich die Sängerin doch noch ins Glitzerkostüm und auch die Band haut rein. Daraufhin beschließt der Erzähler, sich in einer Oben-Ohne-Bar mit Bourbon zu betrinken, aber leider gibt es in der Nähe keine derartige Bar.

Grade Musikfans werden sich in dem einen oder anderen Erzähler auf jeden Fall wiederfinden können, schmunzeln müssen und sich vielleicht auch an die eigene Nase fassen. Auch macht es Spaß, die Hitlisten durchzuschauen, zum Beispiel die „20 unwiderstehlichsten Songs für Frauen“ oder die besten Chansons und mit der eigenen Plattensammlung abzugleichen.
Allerdings ist der größte Kritikpunkt eben auch, dass man all das schon ein bisschen knackiger und mitreißender von Popliteraten wie Nick Hornby oder Benjamin von Stuckrad-Barre kennt.
Trotzdem sind alle Erzähler in Dietmar Sous' Werk liebenswerte und lebensecht gezeichnete Figuren, die die Unwegbarkeiten des Alltags mit Musik zu überwinden versuchen und doch oft genug daran scheitern, sodass man sie schrecklich sympathisch findet und der einen oder anderen Geschichte ein paar Längen verzeiht.

„Vormittag eines Rock'n Roll Beraters“ (Empfehlungen für das Aufnehmen von Kassettenbändern für Verliebte) von Dietmar Sous ist 2004 im Rotbuch-Verlag erschienen.

Kino – die Vorstellung

Lars und die Frauen (Lars and the real girl)
Regie: Craig Gillespie

Starttermin: 13.03.2008

Worum geht es?

Die Story, in die uns dieser Film entführen will, spielt im hohen Norden der Vereinigten Staaten. Nordisch klingt auch der Name des Protagonisten – ein erster Pluspunkt für den Film. Lars Lindstrom ist ein 27-jähriger Junggeselle, der zurückgezogen in der umgebauten Garage hinter seinem Elternhaus lebt, und den Kontakt zu seiner Umwelt auf das Nötigste beschränkt. Wie sehr er auf Distanz geht wird schon in der ersten Szene deutlich, als er von seinem Zimmer aus durch die Fensterscheibe seine Umwelt beobachtet. Er sitzt in seinem selbst gewählten Glashaus. Der Grund dafür bleibt zunächst im Unklaren. Sein Bruder mitsamt schwangerer Frau sind in das Elternhaus gezogen, nachdem der Vater verstorben war. Die Mutter starb bereits bei Lars' Geburt.
Die Schwägerin ist bemüht, Lars in den Alltag der Restfamilie zu integrieren.
Lars mag ein Sonderling sein, aber er geht einer geregelten Arbeit nach und wäscht sich. Nach Auskunft der Ärztin ist er damit nicht verrückt, wie ihn sein Bruder bezeichnet.
Dass er allerdings uns zunächst nicht gerade als normal erscheinen kann, daran trägt Lars Wahl seiner Beziehungspartnerin mit Schuld. Nachdem man ihm nahe gelegt hat, sich endlich eine Freundin zu suchen, bestellt er sich kurzerhand eine so genannte Liebespuppe aus Latex – anatomisch korrekt, wie der vorsichtige Kennerblick der Schwägerin in die Intimzone bestätigt. Für Lars allerdings ist diese Puppe ein „real girl“ - wie der Originaltitel des Filmes treffender bezeichnet.
Die konsultierte Ärztin des Ortes schlägt vor, dass alle sich auf Lars' Wahnvorstellung einlassen, in der Hoffnung, dass Lars selbst wieder zu seinen Sinnen findet. Für die Ärztin ist Lars' Aktion nämlich Ausdruck eines lang verdrängten Problems.
Lars stellt mit seinen Absonderlichkeiten nicht nur seinen Bruder, sondern die ganze Gemeinde auf eine Geduldsprobe...

Und worum geht es denn nun wirklich?

Der Regisseur Craig Gillespie hat sich in seinem Erstlingswerk einem Kernthema des Filmemachens gewidmet.
Vordergründig mag es um die Wandlung eines schwer verletzten Gemütes sein, eines Gutmenschen, dessen wirklicher Schmerz sich hinter seinem Lächeln nur schwer erahnen lässt. Es geht auf dieser Ebene um die Überwindung von selbst gewählter Distanz aufgrund der Angst neuerlichen Verlustes. Nebenbei ist es auch ein Hoch auf die verbindende Kraft der Gemeinde.
Auf einer Metaebene wird über das Wesen des Films reflektiert.
Hier geht es über die Kraft der Imagination, der Identifikation und der Projektion am Beispiel der Beziehung zu einem augenscheinlichen Sextoy.

Mein Fazit:

Am Anfang war ich auch skeptisch, ob dieses Konzept funktioniert: eine Puppe zu beleben und tiefgehende Emotionen auf sie zu übertragen. Aber da diese Angelegenheit vom Filmemacher und der Story sehr ernst genommen wird, gestaltet sich zum Beispiel die Beerdigung von Bianca, so heißt die Brasilianerin mit dänischen Wurzeln, durchaus als rührend, ohne rührselig zu werden. Eine sympathische Dramödie mit einem sehr sympathischen Hauptcharakter, dem man sehr gerne dabei zusieht, wie er sich zurück in die Gesellschaft kämpft.

10
Mrz
2008

Der 10.März – (k)ein denkwürdiger Tag?

Entscheidet selbst: denkwürdig, unwürdig oder doch wenigstens liebenswürdig? Hauptsache, im Hochschulradio ist Action und die gabe es. Folgendes haben wir euch heute geboten:

- die Obligatorik: bestes Mensaessen, heiße Veranstaltungstipps und alles, was in Aachen, um Aachen und auch mittendrin passierte

- obwohl der angekündigte Streik der Lokführer ausfällt, kann der Ersatzfahrplan der Bahn nicht mehr deaktiviert werden und bis zu 50 Prozent der Züge können ausfallen

- In Aachen kümmert man sich noch um die Bevölkerung: die CDU hat über tausend Aachener befragt, was man so verbessern könnte in dieser Stadt. Zahlreiche Ausschüsse tagen nun, um einige der Beschwerden in konkrete Verbesserungen umzusetzen, zum Beispiel mehr Mülleimer in der Innenstadt aufzustellen. Daran können Interessierte hautnah teilnehmen, jedoch steht die nächste Begehung erst wieder im Oktober statt.

- Mutti sagt: Zu viel PC und TV macht viereckige Augen – und so ganz Unrecht hat sie nicht. Denn Energiesparlampen und LCDs decken nicht das Spektrum der Sonne ab, sondern verfügen über einen hohen Blau-Anteil. Dieses fluoriszierende Licht schädigt die Netzhaut, wie Experimente bestätigen. Wir fordern: Zurück mit den Röhrenmonitoren und den normalen Glühbirnen!

- Die Veranstaltungsreihe „Grenzgang“, die Lust auf Reisen mach will und das Fernweh schüren, geht heute in die nächste Runde: Andreas Pröve hat einige Wochen lang Indien bereist und das in einem speziell ausgerüsteten Rollstuhl. Heute ab 19.30 berichtet der Abenteurer von seiner Reise in einem Diavortrag und das im Cinecarree hier in Aachen.
Wir verlosen heute Abend im Kulturschock noch mal zwei Karten für den Grenzgang-Indien-Vortrag! Schaltet also ein, der Kulturschock ab 18.30 Uhr, natürlich im Hochschulradio Aachen!

7
Mrz
2008

Die Kino-Vorstellung

I. Into the Wild – ein Film von Sean Penn
Worum geht es?
Emile Hirsch spielt Christopher McCandles, einen verheißungsvollen jungen Mann, der nach seinem erfolgreichen Hochschulabschluss einer verheißungsvollen Karriere einen Arschtritt verpasst, seine Identität löscht und unter dem Pseudonym Alexander Supertramp sich auf einen Trip nach Alaska begibt, um sich selbst zu finden – was auch immer das heißen mag.
Diese Reise wird zwei Jahre dauern und unter tragischen Umständen enden: In der Wildnis nach einer Nahrungsmittelvergiftung gefangen, verhungert er schließlich elendiglich und allein. Tragische Ironie: Nur zwei Wochen nach seinem Tod wird sein Leichnam von Elchjägern gefunden.
Worum geht es wirklich?
Dies ist die vierte Regiearbeit von Sean Penn mit einem begnadeten Emile Hirsch in der Hauptrolle.
Trotz all seiner Tragik und vermeindlich fehlendem Happy End ist es ein lebensbejahender Film. Es ist ein Roadmovie abseits der Straße.
Im Wesentlichen geht es hier um die Funktionsweise eines Katalysators.
Der Supertramp fungiert als Katalysator für die Veränderungen, die er bewirkt, bei all denen, denen er begegnet und die mit ihm zu tun haben. Selbst seine Eltern, die vom Konsum eingenommenen, wandeln ihre verkrustete spießige Einstellung. Und am Ende katalysiert er sich sogar selbst. Eine sehr untypische Reaktion.
Fazit:
Nicht nur für Naturfreaks und Leute auf der Suche nach sich selbst. Beeindruckend!

II. In the valley of Elah
Regie: Paul Haggis
Worum geht es?
Dies ist erst die zweite Regie-Arbeit von Paul Haggis, der bisher eher als Drehbuchautor zum Beispiel von Million Dollar Baby von sich reden machte. In diesem Film widmet er sich einem leidgeprüften Vater, der sich auf die Suche nach seinem Sohn begibt, der gerade von einem Irakeinsatz zurückgekehrt ist und nun als verschollen gilt. Tatsächlich wurde er ermordet, auf grausame Weise verstümmelt und bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.
Der Vater, ehemaliger Militärpolizist, hat bereits seinen ersten,älteren Sohn, ebenfalls beim Militär, bei einem Einsatz verloren. Nun setzt er alles daran, die Untat aufzuklären. Behilflich dabei ist ihm eine staatliche Polizistin, die sich erst einer Kooperation sperrt, sich dann aber in ihrem Ehrgefühl angesprochen fühlt und ihn bei der Suche unterstützt.
Sie wird sich im Laufe der Ermittlungen emanzipieren und den nötigen Respekt ihrer Kollegen erlangen.
Die Tat wird letztlich aufgedeckt. Aber Erlösung ist damit noch lange nicht gegeben.
Worum geht es wirklich?
Der Titel des Films spielt auf eine Geschichte aus dem alten Testament an, auf den Kampf des Israeliten David gegen den Philister Goliath im Tal von Elah.
Es geht um die Angst und den Versuch der Überwindung dieser. Manchmal bleibt es aber auch nur bei dem Versuch...
Es geht um die Suche nach Wahrheit, die, selbst ausgesprochen, unbefriedigend bleibt.
Und es geht um die Rolle des Krieges und die Statisten, die Kinder, die in dieser Tragödie auf der Strecke bleiben.

Fazit: Für L.A-Crash gab es zwei Oscars. An diesen Erfolg kann dieser Film nicht anschließen. Dennoch ist Paul Haggis ein Werk gelungen, das unter die Haut geht. Der Mensch ist des Menschen Wolf – hier also ein weiterer trauriger Beweis, was der Krieg mit uns Menschen anstellt.

Kleine Randnotiz: Dies ist nach „No country for old men“ bereits der zweite Film diese Woche, in dem sowohl Tommy Lee Jones als auch Josh Brolin mitspielen. Hollywoodscher Klüngel oder Coincidence?

Des Wettergotts Wochendsprophezeiung

Rückblick:
letzte Woche war der Orkantief „Emma“, passend zum internationalen Frauentag morgen, das markante Wetterereignis. Es hielt seine Versprechungen durchaus ein, in Aachen wurden bei der Wetterstation des DWD „amtliche 101 km/h“, also Stärke 10, gemessen. In Bonn fiel innerhalb weniger Minuten zeitgleich die Temperatur von 12 auf 3,5 Grad, ein deutliches Zeichen für die Kaltfront, die für die morgendlichen Gewitter verantwortlich war.

aktuell:
Es bleibt nur kurz Zeit zum Luftholen und Dachziegel wieder einhängen, denn zum Wochenanfang ist wieder Sturm in Sicht. Bis dahin bestimmt ein alterndes und nahezu ortsfestes, aber umfangreiches Tief zwischen Island, Norwegen und Schottland mit SW-Wind und zeitweise leichtem Regen unser Wetter. Doch schon Samstag erscheint zwischen Grönland und Neufundland ein kleines Tief, das sich anschickt, groß und böse zu werden. Schon Sonntag Mittag steht es ca. 1000 km westlich von Schottland mit einem Kerndruck von unter 965 hPa, genau so tief wie Emma. Dieses Tief, das wohl „Inge“ heißen wird, liegt derart lehrbuchmäßig und entwicklungsgünstig in der Höhenströmung, dass ein explosionsartiger Druckfall von 24 hPa in 6 h vorhergesagt wird; zum Vergleich brachte es Emma nur auf 6 hPa/ 6h. Der Höhepunkt wird mit etwa 940 hPa Montag Mittag über Nordirland erreicht werden, danach löst es sich rasch auf, so dass wir nicht in das Orkanfeld geraten. Auch in den Folgetagen kommen immer wieder Sturmtiefs vom Atlantik, so dass es sinnvoll ist, Spaziergänge im Wald zu vermeiden und sich bei Bedarf auf www.wettergefahren.de über die aktuelle Lage zu informieren.

heute:
...bleibt es bedeckt, abends kann es leicht regnen, Wind SW 3, max. 9 Grad.

Samstag:
...zeigt sich sogar die Sonne, erst gegen Abend zieht es sich zu, bleibt aber trocken. Zeitgleich frischt der SW-Wind allmählich von 3 auf 5 auf, in Böen 6-7.

Sonntag:
...regnet es immer mal wieder, das Hauptthema wird aber der Wind sein: S-SW 5, Böen 7-8. Dank des SW-Windes wird es noch 8 Grad warm.

Montag:
...geht es dann los mit „vermutlich-Inge“. Im Tagesverlauf zieht Regen auf, der zu einem Ausläufer des Orkantiefs gehört. Vorher kommt der Wind aus SW, danach W, 5-6, Böen 7-8.

Trend:
erst nach dem Ausläufer von Inge, die inzwischen gealtert ist, geraten wir in das komplette Sturmfeld, dann sind auch Böen bis Stärke 10 möglich. Erst Donnerstag flaut der Wind wieder ab. Disclaimer: Noch ist der genaue Verlauf für den Wochenanfang und die Wochenmitte nicht klar, wegen der potentiellen Gefährdung bitte die Unwetterwarnungen beachten.

Der Morgen danach

Die Morgensendung im Hochschulradio Aachen auf der 99,1 MHz

Aktuelle Beiträge

Nachrichten
Neubau-Einweihung an der RWTH Die neugebaute Versuchshalle...
radiot - 20. Dez, 09:07
Nachrichten
Das Autonome Zentrum ist gerettet. Das AZ wird mindestens...
radiot - 2. Nov, 09:50
Nachrichten
Dr. Christina Regenbogen von der Aachen-Jülicher Forschungsallianz...
radiot - 18. Sep, 11:06
Lokalnachrichten
Gestern fanden sich mehrere Menschen am Elisenbrunnen...
radiot - 17. Sep, 11:43
Nachrichten
Die FH Aachen und die Handwerkskammer Aachen kooperieren...
radiot - 13. Sep, 09:26

Suche

 

RSS Box

Status

Online seit 6975 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 20. Dez, 09:07

Credits