Neu im Kino: SLUMDOG MILLIONAIRE von Danny Boyle
Gestern war es also so weit: Knapp einen Monat, nachdem er in der Oscar-Nacht sämtliche andere Konkurrenten mit sagenhaften acht Oscars auf die hinteren Ränge verwies, ist er nun auch bei uns endlich gestartet: Der ominöse "Slumdog Millionaire" des Briten Danny Boyle.
Diese reiche Ausbeute ist Grund genug, das Erfolgsgeheimnis zu ergründen zu suchen.
Das Geheimnis seines Erfolges
Was hat dieser Film, was ihn vor den anderen Filmen so hervorstechen ließ?
Er hat keine Stars, einen nur leidlich erfolgreichen Regisseur ("Trainspotting", "28 Days Later"), und ist es überhaupt eine Hollywood-Produktion, sind doch alle Darsteller Inder oder indisch -stämmig und spielt der ganze Film in Indien? Aus Sicht der Academy und der Konkurrenten könnten dies durchaus berechtigte Einwände sein. Also muss es doch die Geschichte sein. Ein schöner Gedanke, dass eine Geschichte derart honoriert werden könnte. Und was für eine Geschichte! Es ist die Geschichte Jamals, eines indischen Slumdogs, so genannt, weil in den Slums Bombays aufwachsend er das Leben eines (räudigen) Hundes führen muss. Zumal nachdem seine Mutter Opfer eines brutalen Übergriffs einer verfeindeten Volksgruppe wird.
Dieser und anderer Lebensstationen werden wir rückblickend Zeuge, wenn Jamal das Unerklärliche erklärlich machen soll: Wie er beim indischen Ableger von "Wer wird Millionär" so weit kommen konnte, dass er nun nur noch eine Frage vom größten Erfolg eines Teilnehmers an dieser Show entfernt ist - der 20-Millionen-Rupien-Frage. Denn einem Slumdog wie Jamal nimmt doch keiner ab, dass er ehrlich die Fragen zu beantworten weiß. So muss er sich dem schmierigen Moderator (keine Spur von Perfekter-Schwiegersohn-Jauch) und einem Polizei-Inspektor erklären. Also lässt Jamal sein noch junges Leben (zum Zeitpunkt des Quizzes ist er gerade 18) vor seinem inneren Auge Revue passieren und teilt uns sein Schicksal mit (Im Trailer heißt es passend: „ Jeder Moment seines Lebens ist ein Hinweis auf die Antworten [des Quizzes]“).
Die Macht des Schicksals
Und sein Schicksal ist die Liebe zu Latika, einem gleichaltrigen Mädchen aus den Slums, das das dritte Musketier in ihrem Bunde neben seinem älteren Bruder Salim sein soll. Trotz all des Elends wissen die Kinder das Beste aus ihrem Leben zu machen und gewinnen dem Betteln, dem Stehlen, dem Betrügen in Form falschen Fremdenführens am Taj Mahal immer wieder auch den nötigen Spaß ab. Während Jamal sich aber seine Redlichkeit wahrt, driftet sein Bruder Salim immer mehr in die Kriminalität ab, die darin mündet, dass er einen ehemaligen Peiniger kaltblütig erschießt. Dieser hatte die Kinder zuvor mit Versprechungen gelockt, um sie dann als Kinderbettler einzusetzen, nicht davor zurückschreckend, einigen anderen Kindern zum Zwecke des besseren Effektes die Augen zu blenden.
Die Lichtgestalt in Jamals Leben und sein führender Stern am Schicksalsfirmament ist aber Latika. Ihr gilt sein ganzes Streben. Und trotz all der widrigen Umstände, die sich immer wieder zwischen ihn und Latika stellen, verliert er sie zwar immer wieder aus den Augen, bewahrt sie aber im Herzen. Die Motivation schließlich, die ihn zum Quiz geführt hat, ist der letzte Versuch, sie zu finden. Und so ist er nur noch eine Frage von der Erfüllung seines Schicksals entfernt...
Die Rezeption eines Slum- und nicht etwa eines Underdogs
Der Film hat seit seinem Erscheinen eine Vielzahl von Kritikern aus der Reserve gelockt. Die eine Seite hat ihn überschwänglich als Meisterwerk hochgelobt und ihm letztlich die stattliche Anzahl von acht Oscars (u.a. beste Regie, bester Film, beste Musik, bestes Drehbuch) beschert. Auf der anderen Seite meldeten sich aber auch viele zu Wort, die dem Film jeglichen Realitätssinn absprechen – oder schlimmer noch: ein Indien dargestellt wird, das es so nicht gibt. Viele störten sich auch an dem in ihren Ohren die Bewohner dieser Gebiete (aka Slums) verunglimpfenden Namen “Slumdog“, da sie keine Hunde seien, sondern einer Arbeit nachgingen wie andere auch. Und nicht zuletzt verweigerten sich viele Inder diesem Film, da sie kein Elend wollen sehen wollten, insofern sie sich das Ticket überhaupt leisten konnten: Sie bevorzugen typische Bollywood-Filme, in denen sie in eine andere, Bonbon-farbig-bunte und bessere Welt voller Musik flüchten können, um das auswärtige Leben für eine gewisse Zeit ausblenden zu können. Aber ist „Slumdog Millionaire“ nicht so intendiert? Ist er nicht gerade ein Film, der in diese (Finanz-)Krisen geschüttelten Zeiten passt? Und bedient er nicht gerade unser derzeitig besonders stark empfundenes Bedürfnis nach Realitätsflucht in ideal(-isiert-)er Weise?
Aus westlicher Perspektive ist Danny Boyle ein klassischer feel-good-movie gelungen, der den Zuschauer, der nicht gänzlich zynisch geraten ist, mit einem breiten Grinsen in die Welt außerhalb des Kinos entlässt, auf dass das Strahlen die Düsternis der Umwelt auf möglichst lange Zeit zu bannen vermag.
So lasst auch ihr euch beglücken...
Im CAPITOL zu sehen täglich 14.45 + 17.15 + 20.00 Uhr
Fr. & Sa. auch 22.45 Uhr
Mit freundlicher Empfehlung des Cinemans
Diese reiche Ausbeute ist Grund genug, das Erfolgsgeheimnis zu ergründen zu suchen.
Das Geheimnis seines Erfolges
Was hat dieser Film, was ihn vor den anderen Filmen so hervorstechen ließ?
Er hat keine Stars, einen nur leidlich erfolgreichen Regisseur ("Trainspotting", "28 Days Later"), und ist es überhaupt eine Hollywood-Produktion, sind doch alle Darsteller Inder oder indisch -stämmig und spielt der ganze Film in Indien? Aus Sicht der Academy und der Konkurrenten könnten dies durchaus berechtigte Einwände sein. Also muss es doch die Geschichte sein. Ein schöner Gedanke, dass eine Geschichte derart honoriert werden könnte. Und was für eine Geschichte! Es ist die Geschichte Jamals, eines indischen Slumdogs, so genannt, weil in den Slums Bombays aufwachsend er das Leben eines (räudigen) Hundes führen muss. Zumal nachdem seine Mutter Opfer eines brutalen Übergriffs einer verfeindeten Volksgruppe wird.
Dieser und anderer Lebensstationen werden wir rückblickend Zeuge, wenn Jamal das Unerklärliche erklärlich machen soll: Wie er beim indischen Ableger von "Wer wird Millionär" so weit kommen konnte, dass er nun nur noch eine Frage vom größten Erfolg eines Teilnehmers an dieser Show entfernt ist - der 20-Millionen-Rupien-Frage. Denn einem Slumdog wie Jamal nimmt doch keiner ab, dass er ehrlich die Fragen zu beantworten weiß. So muss er sich dem schmierigen Moderator (keine Spur von Perfekter-Schwiegersohn-Jauch) und einem Polizei-Inspektor erklären. Also lässt Jamal sein noch junges Leben (zum Zeitpunkt des Quizzes ist er gerade 18) vor seinem inneren Auge Revue passieren und teilt uns sein Schicksal mit (Im Trailer heißt es passend: „ Jeder Moment seines Lebens ist ein Hinweis auf die Antworten [des Quizzes]“).
Die Macht des Schicksals
Und sein Schicksal ist die Liebe zu Latika, einem gleichaltrigen Mädchen aus den Slums, das das dritte Musketier in ihrem Bunde neben seinem älteren Bruder Salim sein soll. Trotz all des Elends wissen die Kinder das Beste aus ihrem Leben zu machen und gewinnen dem Betteln, dem Stehlen, dem Betrügen in Form falschen Fremdenführens am Taj Mahal immer wieder auch den nötigen Spaß ab. Während Jamal sich aber seine Redlichkeit wahrt, driftet sein Bruder Salim immer mehr in die Kriminalität ab, die darin mündet, dass er einen ehemaligen Peiniger kaltblütig erschießt. Dieser hatte die Kinder zuvor mit Versprechungen gelockt, um sie dann als Kinderbettler einzusetzen, nicht davor zurückschreckend, einigen anderen Kindern zum Zwecke des besseren Effektes die Augen zu blenden.
Die Lichtgestalt in Jamals Leben und sein führender Stern am Schicksalsfirmament ist aber Latika. Ihr gilt sein ganzes Streben. Und trotz all der widrigen Umstände, die sich immer wieder zwischen ihn und Latika stellen, verliert er sie zwar immer wieder aus den Augen, bewahrt sie aber im Herzen. Die Motivation schließlich, die ihn zum Quiz geführt hat, ist der letzte Versuch, sie zu finden. Und so ist er nur noch eine Frage von der Erfüllung seines Schicksals entfernt...
Die Rezeption eines Slum- und nicht etwa eines Underdogs
Der Film hat seit seinem Erscheinen eine Vielzahl von Kritikern aus der Reserve gelockt. Die eine Seite hat ihn überschwänglich als Meisterwerk hochgelobt und ihm letztlich die stattliche Anzahl von acht Oscars (u.a. beste Regie, bester Film, beste Musik, bestes Drehbuch) beschert. Auf der anderen Seite meldeten sich aber auch viele zu Wort, die dem Film jeglichen Realitätssinn absprechen – oder schlimmer noch: ein Indien dargestellt wird, das es so nicht gibt. Viele störten sich auch an dem in ihren Ohren die Bewohner dieser Gebiete (aka Slums) verunglimpfenden Namen “Slumdog“, da sie keine Hunde seien, sondern einer Arbeit nachgingen wie andere auch. Und nicht zuletzt verweigerten sich viele Inder diesem Film, da sie kein Elend wollen sehen wollten, insofern sie sich das Ticket überhaupt leisten konnten: Sie bevorzugen typische Bollywood-Filme, in denen sie in eine andere, Bonbon-farbig-bunte und bessere Welt voller Musik flüchten können, um das auswärtige Leben für eine gewisse Zeit ausblenden zu können. Aber ist „Slumdog Millionaire“ nicht so intendiert? Ist er nicht gerade ein Film, der in diese (Finanz-)Krisen geschüttelten Zeiten passt? Und bedient er nicht gerade unser derzeitig besonders stark empfundenes Bedürfnis nach Realitätsflucht in ideal(-isiert-)er Weise?
Aus westlicher Perspektive ist Danny Boyle ein klassischer feel-good-movie gelungen, der den Zuschauer, der nicht gänzlich zynisch geraten ist, mit einem breiten Grinsen in die Welt außerhalb des Kinos entlässt, auf dass das Strahlen die Düsternis der Umwelt auf möglichst lange Zeit zu bannen vermag.
So lasst auch ihr euch beglücken...
Im CAPITOL zu sehen täglich 14.45 + 17.15 + 20.00 Uhr
Fr. & Sa. auch 22.45 Uhr
Mit freundlicher Empfehlung des Cinemans
radiot - 20. Mär, 12:34
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